Wie NaturFreunde mit fortschrittlicher Kultur die Gesellschaft verändern wollen
Die NaturFreunde waren immer auch ein fortschrittlicher Kulturverband. Schon in den Gründungsjahren entwickelten sie einen umfassenden Kulturbegriff mit einem gesellschaftspolitischen Anspruch, der nicht nur Musik und Kunst, sondern auch Bildung und Sport einschloss.
Geprägt wurden Kulturverständnis und -arbeit der NaturFreunde vor allem durch Diskussionen in der Arbeiterbewegung, Chöre, Tanzgruppen, Lesekreise sowie die Einrichtung von Bibliotheken in Naturfreundehäusern. Auch hatte die Arbeiterbewegung und mit ihr die NaturFreunde eigene Feste und kulturelle Höhepunkte mit einer eigenständigen Festkultur: Feiern zum Andenken an die Französische Revolution, 1. Mai, Internationaler Frauentag oder die Sonnenwendfeiern. Die so entwickelten kulturellen Formen bilden zum Teil heute noch eine wichtige Grundlage des Verbandes.
Den NaturFreunden ging es darum, eine neue „Lebenskultur“ zu schaffen. Dabei grenzten sie sich von der bürgerlichen Kulturbewegung ab, die Kultur in der Regel rein geistig und intellektuell verstand. Den NaturFreunden hingegen ging es um den Menschen als soziales Wesen. Entwickelt werden sollte eine der Gemeinschaft dienende „Gegenkultur“, die die Arbeitenden „veredelt“ und als Grundvoraussetzung für die persönliche und gesellschaftliche Veränderung verstanden wurde.
Deswegen fokussiert die kulturelle Tradition der NaturFreunde die Beziehungen von Mensch zu Mensch, die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens und die gesellschaftliche Bedingtheit der „Gegenkultur“.
NaturFreunde-Kultur ist auch politisch
Kultur ist in diesem Verständnis auch politisch. Sie versucht Themen der Arbeitswelt, der Solidarität, der Friedensbewegung oder der Gerechtigkeitsdebatte zu verarbeiten. Auch deshalb entwickelte sich ein demokratisches Liedgut, das weiterhin internationalisiert und ausgebaut wird.
Der NaturFreunde-Musiksommer in Üdersee ist hierfür ein wichtiges Ereignis. Andere Beispiele sind die politischen Theater, Buchlesungen, Musikgruppen bis hin zu den Radiosendungen der Münchner NaturFreunde.
Der NaturFreunde-Bundesverband will die Kulturarbeit in dieser Tradition weiterentwickeln. Der Fotoarbeit zum Beispiel soll stärker koordiniert werden, um gemeinsame Aktivitäten und Schwerpunkte besser planen zu können. Auch neue Seminare über Techniken und Methoden sowie die aktuellen Möglichkeiten der Arbeiterfotografie oder Handreichungen für Fotogruppen, gemeinsam entwickelt mit fortschrittlichen Fotografen, sind in der Diskussion.
Durch eine bessere bundesweite Abstimmung können zudem gemeinsame Kulturevents, etwa im Rahmen der Aktionen gegen die Atomwaffen in Büchel oder für einen gerechten Welthandel gestaltet werden. Das neue Netzwerk „Kultur und Bildung“, zu dem im Sommer 2017 alle Ortsgruppen eingeladen wurden, soll dazu beitragen, Gemeinsamkeiten in den kulturellen Aktivitäten zu sammeln und bundesweite Angebote zu planen.
Eine wichtige Aufgabe dabei ist, einen gesellschaftlich fortschrittlichen Kulturbegriff für die NaturFreunde zu entwickeln und den Ortsgruppen Angebote zur Umsetzung vorzuschlagen. Mit dem Newsletter „Kultur und Bildung“ wurde bereits ein erster Vernetzungsansatz umgesetzt.
Um die Bildungsarbeit interessanter zu gestalten, sollen mehr Vernetzungs- und Austauschmöglichkeiten geschaffen werden. Warum nicht über ein bundesweites „Lied des Jahres“ nachdenken? Warum nicht Angebote für Theatergruppen planen, die aktuelle Themen aufgreifen und darstellen?
Die NaturFreunde-Kulturarbeit kann sicherlich einen aktiveren Beitrag zur gesellschaftlichen Veränderung leisten, wenn es uns noch mehr gelingt, in gesellschaftliche Auseinandersetzungen einzugreifen. Viele Aktionen vor Ort leiden auch darunter, dass eine fortschrittliche Kultur fehlt. Hier können und wollen die NaturFreunde in Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten.
Janeta Mileva
Bundesfachbereichsvorstand Kultur & Bildung